Flüssig bleiben

Galoppierende Kosten machen immer mehr Firmen zu schaffen. Doch weil die Banken mit Krediten knausern, sind Alternativen zum klassischen Kredit gefragt.

Es dampft, zischt und blubbert – in der Werkshalle der Siempelkamp Giesserei GmbH geht es heiß her, wenn das flüssige Metall aus dem Schmelzofen kommt und in große Behälter gekippt wird. Der Betrieb in Krefeld stellt handgeformte Großgussteile bis zu 320 Tonnen Gewicht her. Mit einer Gussmenge von 50.000 Tonnen pro Jahr gehört er zu den größten Handformgießereien der Welt. Für das Einschmelzen des Metalls braucht das Unternehmen Unmengen an Strom. Pro Jahr sind es insgesamt rund 55 Millionen Kilowattstunden – so viel, wie eine Stadt mit 15.000 Einwohnern in einem Jahr benötigt.

Das Problem dabei: Die Strompreise sind explodiert. Im September 2022 betrug der durchschnittlich gehandelte Preis für Strom laut dem Datenportal Statista im Marktgebiet Deutschland/Luxemburg rund 346 Euro pro Megawattstunde. Knapp dreimal so hoch wie ein Jahr zuvor. Seit gut anderthalb Jahren kaufen die Geschäftsführer der Gießerei Georg Geier und Dirk Howe den Strom für die Schmelzöfen zu Konditionen ein, die zunehmend unberechenbar werden. „Wir leiten die höheren Produktionspreise aufgrund der gestiegenen Stromkosten an unsere Kunden weiter“, sagt Howe. „Das funktioniert zumindest vorübergehend – aber nur, weil wir am Markt sehr gut positioniert sind.“

Dago Diedrich, Senior Partner im Düsseldorfer McKinsey-Büro, gibt zu bedenken, dass die „Weitergabe des erhöhten Kostenniveaus an die Endabnehmer ein brisantes Thema für alle Beteiligten ist, das entsprechende Verhandlungsmacht voraussetzt“.

Not macht daher in vielen Fällen erfinderisch. Die Gießerei hat jüngst ein Marktmodell entwickelt, das die Strompreise für Unternehmen und Verbraucher deutlich reduzieren soll. Das Modell sieht – kurz gesagt – die Festlegung eines synthetischen Strompreises und die Einführung einer Importumlage vor. Die Stromkosten würden insgesamt drastisch sinken, sagt Siempelkamp. Ein von der Politik festgelegter Zuschlag soll dennoch Anreize zum Energiesparen schaffen und den Ausbau regenerativer Energieproduktion fördern. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sehen in dem Modell einen „interessanten Vorschlag, der es verdient, einer näheren Betrachtung unterzogen zu werden“. Ob daraus etwas wird, steht aber in den Sternen.

Nicht jedes mittelständische Unternehmen hat allerdings die Möglichkeit, die extrem gestiegenen Produktionskosten an die Kunden weiterzugeben. Den laufenden Geschäftsbetrieb über die Hausbank zu finanzieren, wenn es angesichts der drastisch gestiegnen Kosten für Energie und Rohstoffe zu Liquiditätsengpässen kommt, ist für viele Firmen inzwischen nicht mehr so einfach.

„Banken scheuen die Unsicherheit“, sagt Stefan Eishold, Vorstand der Beteiligungsgesellschaft Arcus Capital in München. Sein Unternehmen investiert in profitable Firmen, die Eishold mit seinem Know-how und einer laufenden Beratung noch gewinnträchtiger machen will – um dann irgendwann den Exit anzupeilen.

Aus Sicht des Beteiligungsexperten sind derzeit besonders konjunktursensible Branchen wie Bau und Automobilindustrie von der Verschärfung der Kreditpraxis betroffen. Und auch der Bereich E-Commerce erlebt schwerere Zeiten, obwohl er lange von der Pandemie profitiert hat. Jetzt aber, da viele Player mit Lieferengpässen und steigenden Preisen zu kämpfen haben, erhalten sie bei den Banken nicht ohne Weiteres Kredite, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

Eishold verweist darauf, dass derzeit Debt-Fonds für Mittelständler infrage kommen könnten. Das sind Kreditfonds, die anstelle von Banken Fremdkapital für die Unternehmensfinanzierung bereitstellen. So stellen zum Beispiel institutionelle Investoren über solche Fonds Unternehmen Kredite zur Verfügung, die sie für Übernahme- und Wachstumsfinanzierungen benötigen. Der Nachteil: Die Zinsen, die die Firmen für diese Kredite zahlen, sind deutlich teurer als bei Banken. „Eine jährliche Verzinsung von zehn Prozent ist bei Kreditfonds durchaus üblich“, erläutert Eishold. „Kurzfristig kommen zudem Lösungen wie Factoring und ,Sale-and-lease-back‘ in Betracht“, sagt der Unternehmer.

Beim Factoring gibt eine Firma ihre Forderungen gegenüber Kunden an eine Factoringgesellschaft weiter, den Factor. Dieser begleicht umgehend die Rechnungen und holt sich die ausstehenden Beträge zum Ende des Zahlungsziels von den Kunden seines Mandanten zurück. Für die Dienstleistung stellt der Factor dem Verkäufer der Forderungen eine Provision in Rechnung.

Wie Firmen flüssig bleiben

Durch den schnellen Verkauf ihrer Fordrungen verschaffen sich Unternehmen Spielraum bei ihrer Liquidität und sind unter Umständen nicht so stark auf laufende Bankkredite angewiesen. Sale-and-lease-back-Transaktioen sind eine Form des Leasings, bei dem ein Unternehmen eigene Mobilien oder Immobilien an einen Leasinggeber verkauft und diese anschließend zur Nutzung anmietet. Auf diese Weise verbessert sich ihre Liquidität.

Für Stephan Ninow, Geschäftsführer des Leasinganbieters abcfinance, sind die beiden Assetfinanzierungen ein probates Mittel für Firmen, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden: „Unternehmen sollten alle Finanzierungsoptionen prüfen, die eine gesicherte Liquiditätssituation ermöglichen. Am besten solche, die – wie bei Leasing und Factoring – nicht die Substanz des Unternehmens belasten und mehr zukünftiges Potenzial berücksichtigen.“

Unternehmen sollten aber nicht nur im Krisenmodus operieren, sondern trotz schwieriger Finanzierungssituation mögliche neue Geschäftschancen evaluieren, findet Mittelstandsexperte Nico Mohr von der Unternehmensberatung McKinsey. „Die steigende Nachfrage nach kohlenstofffreien Technologien, Materialien und Dienstleistungen bietet zum Beispiel Unternehmen die Möglichkeit, neue, grüne Geschäftsfelder aufzubauen oder bestehende Produkte nachhaltiger zu designen.“ Firmen, die nun schnell handeln, biete das exponentielle Wachstumschancen.

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