Insolvenzverfahren jagt Insolvenzverfahren und der Druck auf den Mittelstand wird immer höher - so lässt sich die Situation in den vergangenen Monaten zusammenfassen. Die immensen Energiekosten aufgrund des Ukraine-Kriegs verursachen mittlerweile ernste Schäden und erste prominente Opfer. Allerdings bleiben viele bedrohte oder schon betroffene Unternehmen sowie deren Insolvenz nur regionale Schlagzeilen. Daher stellt sich für viele Unternehmen und Gläubiger mit wackeligen Schuldnern die Frage, wie man mit den Themen „Insolvenzen bei Partnern“ und Zahlungsunfähigkeit umgeht. Hier ein Überblick.

Insolvenz beim Kunden oder Lieferanten: Was muss ich wissen?
Steigende Zahlungsausfälle - steigende Schäden
Wie erst jüngst der Leiter Wirtschaftsforschung von Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, gegenüber der FAZ erläuterte, ist das dicke Ende der aktuellen Krisenlage noch längst nicht erreicht. Demnach müssten sich Unternehmen und Banken auf deutlich steigende Zahlungsausfälle einstellen. Dies deckt sich mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis), wonach die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bereits seit August 2022 kontinuierlich zunimmt. Allein im Juli 2023 stieg die Zahl der Regelinsolvenzen um 23,8 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Wichtig zu wissen: Diese Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben im Zuge eines Insolvenzverfahrens ab - nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten. Man darf also davon ausgehen, dass das Klima in der deutschen Wirtschaft noch wesentlich rauer im Herbst und Winter werden wird.
Vorab: Was bedeutet insolvent?
Der Begriff „insolvent“ bedeutet, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen (in Form von Schulden bzw. Verbindlichkeiten) vollständig oder in Teilen nachzukommen. Kurz gesagt: Das Unternehmen ist zahlungsunfähig. In Deutschland ist das Ganze – wie in vielen anderen Ländern auch - gesetzlich verankert. Regelungen hierzu finden sich primär in der Insolvenzordnung (InsO). Man unterscheidet grundsätzlich folgende 3 Ursachen für eine Insolvenz:
Ein Unternehmen, das eine Insolvenz feststellt oder feststellt, dass eine Insolvenz droht, muss unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer festgelegten Frist, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Andernfalls können sich die Geschäftsführer strafbar machen.
Maßnahmen gegen Zahlungsausfälle
Auch gesunde Unternehmen können durch Zahlungsausfälle oder Insolvenzen im Kunden- und Lieferantenkreis in gefährliche Fahrwasser geraten. Besonders risikoreich ist in Krisenzeiten dabei das Neugeschäft: Unternehmen, bei denen die Beziehungen noch nicht tief genug sind, um Warnsignale wahrnehmen zu können, sind hier ein erheblicher Risikofaktor. Aber auch alt bekannte sowie eigentlich solvente Kunden und Lieferanten können mit rapide steigenden Energiekosten oder auch unbekannten Altlasten aus der Corona-Zeit schnell zum Problem werden. Wenn dann längst fällige und sehnlichst erwartete Forderungen über Gebühr verlängert werden oder gar ausfallen, ist guter Rat teuer. Sogar sehr teuer mitunter. Aber: Ein solides und erprobtes Finanzwerkzeug gegen Ausfälle dieser Art ist der Factoring-Vertrag mit einem verlässlichen Mittelstands-Partner. Denn: Neben der Vorfinanzierung der Forderungen und der damit verbundenen unmittelbaren Liquidität ist der Ausfallschutz der wichtigste Vorteil beim Factoring. Unternehmen sind somit gleich doppelt gefeit gegen die aktuelle Pleitewelle.
Zusammenfassend bieten sich neben der gründlichen Prüfung und Auswahl des Kunden vorbeugend folgende Sicherheitsinstrumente an:
- Informationen über eine Wirtschaftsauskunftei
- Vorauskasse, Anzahlung oder angemessene Zahlungsraten
- Bankbürgschaften
- Warenkreditversicherungen
- Eigentumsvorbehalte
- Sicherungsübereignungen
- Factoring
Kunde ist insolvent?
Bei einer drohenden Insolvenz sollte ein Unternehmen als Gläubiger grundsätzlich zwischen zwei Fällen unterscheiden: Der Schuldner ist Kunde oder er ist Lieferant. Bei der Insolvenz eines Kunden bedeutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ausfall der Forderung. Also weniger Geld in der Kasse. Bei einer Risikostreuung von maximal 10 Prozent Umsatz mit einem einzelnen Kunden sollte dieser Ausfall von einem gesunden Unternehmen grundsätzlich einkalkuliert und abgesichert sein. Zumindest laut Lehrbuch.
Lieferant ist insolvent?
Komplexer und gefährlicher ist allerdings zumeist die Insolvenz eines Lieferanten. Dies kann im Ernstfall das eigene Unternehmen in die Insolvenz treiben, wenn dadurch die Produktion ins Stocken gerät. Dies war auch der Fall, als beim ersten Lockdown unter anderem internationale Lieferungen ausfielen und damit die Supply Chain vieler Unternehmen durcheinanderbrachte. Handlungsempfehlung hier: Immer einen alternativen Zulieferer in der Hinterhand haben. Sucht man diesen erst nach dem Insolvenzantrag oder wenn der Lieferant zahlungsunfähig ist, dürfte es meist zu spät sein. Da aber in der aktuell angespannten Lage auch die Insolvenz eines Schlüsselkunden bedrohlich sein kann, sollte man als Gläubiger die Warnsignale kennen.
Wo kann man Insolvenzen einsehen?
Während in früheren Zeiten auch in Tageszeitungen über Insolvenzen informiert wurde, reicht dem Gesetzgeber heutzutage das Internet. Wenn Sie also den Verdacht haben, dass aufgrund eines Insolvenzantrages über das Vermögen eines Kunden die vorläufige Verwaltung angeordnet und damit auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wurde, hilft ein Klick auf folgenden Link: www.insolvenzbekanntmachungen.de
Auf dieser Seite werden von allen Insolvenzgerichten der Bundesrepublik Deutschland die notwendigen Bekanntmachungen vorgenommen, sobald ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt wurde.
Welche Warnsignale für drohende Insolvenzverfahren gibt es?
Sie haben den Verdacht, dass einer Ihrer Kunden oder Lieferanten in finanziellen Schwierigkeiten steckt oder ein Insolvenzverfahren droht? Hier eine Checkliste, ob es erste Anzeichen einer Insolvenz gibt. Dabei macht die Anhäufung von Symptomen das Drama: Je öfter sie nicken, desto schlimmer ist es.

Ihr Lieferant zeigt:
- Lieferprobleme und nachlassende Qualität
- Das Unternehmen gewährt keine Skonti-Abzüge mehr
- Entlassung der Geschäftsführung
- Neue Gesellschaftsform
- Verlagerung des Betriebssitzes
- Schließung von Niederlassungen
- Billig-Angebote und Extrem-Rabatte
- Neue Bankverbindung
- Schlechtere Bonitätsauskünfte
Ihr Schuldner zeigt:
- Plötzlich keine Zahlung binnen Skontofrist
- Ausnutzung und Überschreitung von Zahlungszielen
- Bitte um Gewährung längerer Zahlungsziele
- Zahlungsverzögerungen nach Scheinreklamationen
- Neue Aufträge trotz Altschulden
- Bitte um Ratenzahlung zur Tilgung der Altverbindlichkeiten
- Neue Bankverbindung
- Schlechtere Bonitätsauskünfte
- Entlassung der Geschäftsführung
- Neue Gesellschaftsform
- Verlagerung des Betriebssitzes
- Schließung von Niederlassungen
Zahlungsunfähig: Was tun, wenn´s brennt?
Ist ein Schuldner insolvent, stellt sich die Frage, ob offene Rechnungen bezahlt und anstehende Lieferungen erfüllt werden. Zugleich sollte man zuletzt eingegangene Zahlungen hinterfragen, da hier ggf. eine Anfechtung der Zahlung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 130 ff. InsO droht. Der erste Schritt sollte jetzt im eigenen Interesse in der Kontaktierung Ihres Rechtsbeistandes bestehen – denn die folgenden Schritte sind für den Gläubiger juristisch relevant. Direkt danach ist das offene Gespräch mit dem Kunden oder Lieferanten angezeigt. Oft lassen sich so die weiteren Schritte zwischen Schuldner und Gläubiger offener und auf Augenhöhe gestalten. Immerhin ist der Schuldner die Quelle aller relevanten Informationen - und das Gericht kommt im Zuge des Verfahrens noch früh genug ins Spiel.
Fazit
Die aktuelle Wirtschaftslage bleibt herausfordernd für den Mittelstand. In allzu vielen Branchen braucht es viel Fingerspitzengefühl und Weitblick, um ein Unternehmen stabil in bessere Zeiten zu führen. Die richtigen Partner sind da sicherlich ein Asset, das nicht zu unterschätzen ist. Denn: Einige Risiken lassen sich mit einem Factoring-Vertrag zumindest abmildern und insbesondere die Themen Forderungsausfall und Anfechtung der schuldnerischen Zahlungseingänge durch den Insolvenzverwalter outsourcen.