Insolvenzverfahren jagt Insolvenzverfahren und der Druck auf den Mittelstand wird immer höher - so lässt sich die Situation in den vergangenen Monaten zusammenfassen. Die immensen Energiekosten aufgrund des Ukraine-Kriegs verursachen mittlerweile ernste Schäden und erste prominente Opfer. Allerdings bleiben viele bedrohte oder schon betroffene Unternehmen sowie deren Insolvenz nur regionale Schlagzeilen. Daher stellt sich für viele Unternehmen und Gläubiger mit wackeligen Schuldnern die Frage, wie man mit den Themen „Insolvenzen bei Partnern“ und Zahlungsunfähigkeit umgeht. Hier ein Überblick.

Insolvenz beim Kunden oder Lieferanten: Was muss ich wissen?
Schwierige Entwicklung
Wer hätte vor zwei Jahren ahnen können, dass sich das Weltgeschehen so weiterentwickelt? Nach den enormen Belastungen für viele Unternehmen durch die Corona-Pandemie, kommen nun mit Krieg und Klima die zwei großen "K" der kommenden Jahre auf den Mittelstand zu. Und auch wenn für Unternehmen eine Reihe von Maßnahmen unternommen wurden, um eine drohende Corona-Pleitewelle abzumildern, sind jetzt vermehrt Zahlungsausfälle zu erwarten, weil die Politik die Folgen nicht mehr abfedern kann. Die Sonderregelungen für das Insolvenzverfahren sind ausgelaufen und mit den bizarr gestiegenen Energiepreisen steht bereits das nächste Dilemma an. Hinzu kommt, dass spätestens in 2023 die tilgungsfreien Zeiten der KfW-Kredite aus der Corona-Pandemie vorüber sind und Unternehmen entsprechende Tilgungsleistungen erbringen oder nachfinanzieren müssen. Eine Überschuldung ist dabei häufig nicht mehr abzuwenden und die Insolvenzverwalter übernehmen das Ruder.
Kunde ist insolvent?
Bei einer drohenden Insolvenz sollte ein Unternehmen als Gläubiger grundsätzlich zwischen zwei Fällen unterscheiden: Der Schuldner ist Kunde oder er ist Lieferant. Bei der Insolvenz eines Kunden bedeutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ausfall der Forderung. Also weniger Geld in der Kasse. Bei einer Risikostreuung von maximal 10 Prozent Umsatz mit einem einzelnen Kunden sollte dieser Ausfall von einem gesunden Unternehmen grundsätzlich einkalkuliert und abgesichert sein. Zumindest laut Lehrbuch.
Lieferant ist insolvent?
Komplexer und gefährlicher ist allerdings zumeist die Insolvenz eines Lieferanten. Dies kann im Ernstfall das eigene Unternehmen in die Insolvenz treiben, wenn dadurch die Produktion ins Stocken gerät. Dies war auch der Fall, als beim ersten Lockdown unter anderem internationale Lieferungen ausfielen und damit die Supply Chain vieler Unternehmen durcheinanderbrachte. Handlungsempfehlung hier: Immer einen alternativen Zulieferer in der Hinterhand haben. Sucht man diesen erst nach dem Insolvenzantrag oder wenn der Lieferant zahlungsunfähig ist, dürfte es meist zu spät sein. Da aber in der aktuell angespannten Lage auch die Insolvenz eines Schlüsselkunden bedrohlich sein kann, sollte man als Gläubiger die Warnsignale kennen.
Wo kann man Insolvenzen einsehen?
Während in früheren Zeiten auch in Tageszeitungen über Insolvenzen informiert wurde, reicht dem Gesetzgeber heutzutage das Internet. Wenn Sie also den Verdacht haben, dass aufgrund eines Insolvenzantrages über das Vermögen eines Kunden die vorläufige Verwaltung angeordnet und damit auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wurde, hilft ein Klick auf folgenden Link: www.insolvenzbekanntmachungen.de
Auf dieser Seite werden von allen Insolvenzgerichten der Bundesrepublik Deutschland die notwendigen Bekanntmachungen vorgenommen, sobald ein Insolvenzverfahren bei Gericht beantragt wurde.
Welche Warnsignale für drohende Insolvenzverfahren gibt es?
Sie haben den Verdacht, dass einer Ihrer Kunden oder Lieferanten in finanziellen Schwierigkeiten steckt oder ein Insolvenzverfahren droht? Hier eine Checkliste, ob es erste Anzeichen einer Insolvenz gibt. Dabei macht die Anhäufung von Symptomen das Drama: Je öfter sie nicken, desto schlimmer ist es.
Ihr Lieferant zeigt:
- Lieferprobleme und nachlassende Qualität
- Das Unternehmen gewährt keine Skonti-Abzüge mehr
- Entlassung der Geschäftsführung
- Neue Gesellschaftsform
- Verlagerung des Betriebssitzes
- Schließung von Niederlassungen
- Billig-Angebote und Extrem-Rabatte
- Neue Bankverbindung
- Schlechtere Bonitätsauskünfte
Ihr Schuldner zeigt:
- Plötzlich keine Zahlung binnen Skontofrist
- Ausnutzung und Überschreitung von Zahlungszielen
- Bitte um Gewährung längerer Zahlungsziele
- Zahlungsverzögerungen nach Scheinreklamationen
- Neue Aufträge trotz Altschulden
- Bitte um Ratenzahlung zur Tilgung der Altverbindlichkeiten
- Neue Bankverbindung
- Schlechtere Bonitätsauskünfte
- Entlassung der Geschäftsführung
- Neue Gesellschaftsform
- Verlagerung des Betriebssitzes
- Schließung von Niederlassungen
Absicherung bei Neukunden
Auch in Krisenzeiten gibt es natürlich Neugeschäft mit Unternehmen, bei denen die Beziehungen nicht tief genug sind, um Warnsignale wahrnehmen zu können. Hier bieten sich neben der gründlichen Prüfung und Auswahl des Kunden vorbeugend verschiedene Sicherheitsinstrumente an:
- Informationen über eine Wirtschaftsauskunftei
- Vorauskasse, Anzahlung oder angemessene Zahlungsraten
- Bankbürgschaften
- Warenkreditversicherungen
- Eigentumsvorbehalte
- Factoring
- Sicherungsübereignungen
Zahlungsunfähig: Was tun, wenn´s brennt?
Ist ein Schuldner insolvent, stellt sich die Frage, ob offene Rechnungen bezahlt und anstehende Lieferungen erfüllt werden. Zugleich sollte man zuletzt eingegangene Zahlungen hinterfragen, da hier ggf. eine Anfechtung der Zahlung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 130 ff. InsO droht. Der erste Schritt sollte jetzt im eigenen Interesse in der Kontaktierung Ihres Rechtsbeistandes bestehen – denn die folgenden Schritte sind für den Gläubiger juristisch relevant. Direkt danach ist das offene Gespräch mit dem Kunden oder Lieferanten angezeigt. Oft lassen sich so die weiteren Schritte zwischen Schuldner und Gläubiger offener und auf Augenhöhe gestalten. Immerhin ist der Schuldner die Quelle aller relevanten Informationen - und das Gericht kommt im Zuge des Verfahrens noch früh genug ins Spiel.
Der Insolvenzantrag
Nach rechtzeitiger Stellung des Insolvenzantrags wird der Geschäftsbetrieb in aller Regel weitergeführt, während das Insolvenzgericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet. Hierzu gehört auch die Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters. Damit sollen bis zur Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens weitere negative Folgen für die Gläubiger vermieden und schuldnerisches Vermögen für die Gläubiger gesichert werden. Offene Rechnungen, die durch den Schuldner jetzt noch nicht beglichen sind, werden nicht mehr erfüllt, sondern aus der nach Abschluss des Insolvenzverfahrens verbleibenden Insolvenzmasse gemäß der sich ergebenden Insolvenzquote anteilig beglichen. Vertraglich agieren sollten man mit dem betroffenen Unternehmen als Gläubiger in dieser Phase nur mit sachkundigem Rechtsbeistand, der die zweifellos vorhandenen Risiken zumindest minimiert.
Der Insolvenzverwalter: stark vs. schwach
Während des vorläufigen Insolvenzverfahrens gibt es zwei Arten von Insolvenzverwaltern, die vom Insolvenzgericht eingesetzt werden können: Der sogenannte „schwache Insolvenzverwalter“ ist eher eine Sicherungsmaßnahme des Insolvenzgerichts – die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bleibt weiterhin beim Schuldner. Der schwache Insolvenzverwalter schließt normalerweise selber keine Rechtsgeschäfte ab. Der „starke Insolvenzverwalter“ hingegen wird nach dem Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots eingesetzt und erhält damit die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis.
Das Insolvenzverfahren
Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, verschärfen sich die Bedingungen – sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger: Nur noch der Insolvenzverwalter ist jetzt befugt, über Vermögenswerte zu verfügen. Forderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und nicht befriedigt worden sind, müssen im eröffneten Insolvenzverfahren zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Wichtig: Nicht beglichene Forderungen können als nachträgliche Forderungen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens angemeldet werden.
Sanierungsverfahren – so werden aktuell die Unternehmen saniert
Neben dem klassischen Insolvenzverfahren kennt die Insolvenzordnung gem. §§ 270 ff InsO zwei weitere Möglichkeiten der Sanierung: Das aktuell durch die Hakle GmbH (bekannt für Toilettenpapier) genutzte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und das durch den Schuh-Filialisten Ludwig Görtz GmbH genutzte Schutzschirmverfahren. Bei beiden Verfahren bleibt – im Gegensatz zum klassischen Insolvenzverfahren – die Geschäftsführung im Amt. Ihr wird vom Insolvenzgericht ein Sachwalter (ggf. sogar als Sanierungsgeschäftsführer) zur Seite gestellt, welcher das Verfahren überwacht. Zudem wird vom Unternehmen ein Sanierungsberater mit der Vorbereitung des Verfahrens, der Antragstellung und der Erstellung des Insolvenzplanes beauftragt. Vorteil beider Verfahren gegenüber dem klass. Insolvenzverfahren ist zum einen, dass das insolvente Unternehmen die eigene Sanierung selbst vornehmen darf. Es kennt Krisenursachen und den eigenen Markt am besten. Zudem dürfen Masseverbindlichkeiten (zur Fortführung des Geschäftsbetriebes) begründet werden, was das Vertrauen von Gläubigern und Lieferanten stärkt. Im Ergebnis werden bei beiden Verfahren bessere Sanierungschancen und höhere Befriedigungsquoten für Gläubiger erzielt. Zudem sind die Verfahren wesentlich schneller (und im Falle von Schutzschirmverfahren sogar oft geräuschloser, da nicht veröffentlichungspflichtig) abgeschlossen.
Gibt es Alternativen?
In den kommenden Monaten wird es eine Reihe von harten Einschnitten und Sanierungsmaßnahmen in vielen Unternehmen geben. Auch rigoroser Personalabbau wird wohlmöglich zu beobachten sein – natürlich um die Kosten zu reduzieren. Darüber hinaus werden viele Unternehmen versuchen, neue Geldgeber zu finden. Ob dies in Zeiten der Rezession gelingt, wird sich zeigen müssen. Nach Ablauf der Sonderregelung ist allerdings auch das Thema Insolvenzverschleppung mit genauen Rechtsvorschriften wieder auf der Agenda. Da diese in Deutschland strafbar ist und ebenso die Fahrlässigkeit geahndet wird, wird man sich wohl auf eine ganze Reihe von entsprechenden Nachrichten einstellen müssen.
Fazit
Die aktuellen Herausforderungen zu meistern, wird zweifelslos kein Selbstläufer für Unternehmen. Allerdings lassen sich einige Risiken mit einem Factoring-Vertrag zumindest abmildern und insbesondere die Themen Forderungsausfall und Anfechtung der schuldnerischen Zahlungseingänge durch den Insolvenzverwalter outsourcen. Auch die Risikobewertung wie zum Beispiel die Kundendiversifizierung und die Bonitätsprüfung von Neukunden ist mit einem erfahrenen Partner wie abcfinance deutlich einfacher. Und vielleicht lernen Sie so den Insolvenzverwalter dann nie kennen. Es sei Ihnen zu wünschen.